Teil 1: Einsatzmöglichkeiten und GIS-Analysen für Planungsprozesse im Handel
In meiner früheren Tätigkeit als Account Manager bei Esri im Team Dienstleistung und Handel wurde ich immer wieder von begeisterten Kunden überrascht, denen einfachste GIS-basierte Abfragen bei der Beantwortung von unternehmenskritischen Fragestellungen helfen. Während für uns Geowissenschaftler eine Punkt-in-Polygon-Analyse zu den absoluten Basics gehört, verbinden viele Wirtschaftswissenschaftler mit GIS vor allem Punkte auf der Landkarte. Damit verpassen sie Chancen, die räumliche Analysen in der Unternehmenssteuerung bieten.
Die Serie: „GIS in Dienstleistungs- und Handelsunternehmen“ richtet sich an Dozenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende der Wirtschaftswissenschaften. Sie gibt einen Einblick in die „geointelligente“ Steuerung von Unternehmensprozessen und in Unternehmensplanung.
Überblick GIS-Einsatzmöglichkeiten für Dienstleister und Handel
Planung
Für Planungsaufgaben werden Desktop GIS-Werkzeuge schon seit vielen Jahre verwendet. Klassische Beispiele sind Standort- und Expansionsplanung, auf die weiter unten in diesem Post eingegangen wird. Aber auch die Gebietsoptimierung, wie die optimale Gestaltung der Vertriebs- oder Einzugsgebiete der Servicemitarbeiter im Außendienst, zählt zu den klassischen Planungsaufgaben. Hier werden neben der Menge an Kunden auch die räumlich kompakte Ausdehnung der Gebiete in den Analysen berücksichtigt.
Ergebnisse können Entscheidern zur Verfügung gestellt werden und deren Herleitung kann mithilfe von Modellen (Model Builder) transparent gemacht werden. So ist auch in komplexen Situationen eine angemessene und nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung möglich.
Abb. Modell: „Maximize Market Share“
Operative Betriebssteuerung
Im operativen Betrieb werden häufig optimale Tagesrouten für Fachspezialisten zu Installations- oder Wartungszwecken geplant. Hierbei werden neben den Skills und den vorhandenen Werkzeugen (oder Spezialfahrzeugen) auch optimierte Wege bzgl. Distanz oder Fahrzeiten berücksichtigt.
Im operativen Betrieb spielt auch die Automatisierung derartiger Prozesse eine große Rolle. Mit ArcGIS SDKs werden GIS-Analysen in bestehende Unternehmensanwendungen integriert. Bei Bedarf können zusätzlich Realtime-Prozesse abgebildet werden, um so eine echtzeitnahe Steuerung von Mensch und Maschine zu ermöglichen.
Kundenzufriedenheit – Marketing – Öffentlichkeitsarbeit
Steht am Ende der Leistungskette ein Kunde – z.B. ein hungriger Student – der gerade auf seine heiße Pizza wartet, interessiert ihn sicherlich, wie lange er noch auf die Lieferung warten muss. Ist der Pizzabote mit einem Sensor ausgestattet, kann dank Echtzeitdaten, Routingfunktion und Sensor die voraussichtliche Ankunftszeit errechnet werden. Der Student ist sicherlich überglücklich, wenn seine App die voraussichtliche Ankunftszeit fortlaufend präzise anzeigt.
Weitere Einsatzmöglichkeiten zu Marketingzwecken sind nahezu grenzenlos. Bietet man zum Beispiel als verantwortungsvoller Unternehmer hochwertige Produkte an, möchte man eventuell Herstellungs- und Lieferwege transparent machen. Ein tolles Beispiel präsentiert diese Story Map.
Auch die Interaktion mit dem Kunden ist mit interaktiven Apps möglich. Gerade Handelsketten mit Standorten weltweit können ihre Standorte auf der Karte mit kurzweiligen Aktionen kombinieren und die Kunden einbeziehen. Ich würde gerne in jedem Hardrock Café der Welt „Punkte“ erspielen, in der Art von Pokemon-Go, und dafür ein cooles Gadget bekommen, z.B. eine Jumbotasse, die ich nicht kaufen kann.
GIS-Analysen für Planungsprozesse im Handel
Standort- und Expansionsplanung sind zentrale Herausforderungen für regionale Einzelhändler und große Handelsketten. Nicht nur die Lage der eigenen Filialen und die des Mitbewerbs spielen hierbei eine zentrale Rolle, sondern auch wo die (potentiellen) Kunden sind. Ein Geoinformationssystem (GIS) erkennt Potentiale und geeignete Standorte und unterstützt die Bewertung von Mietobjekten.
Abb.: Expansionsplanung mit ArcGIS – Objekt und Mikrostandort vor Ort bewerten
Diese StoryMap erläutert an einem praktischen, fiktiven Beispiel die GIS-basierte Expansionsplanung.
Wesentlich für den Erfolg sind GIS-basierte Analysewerkzeuge, Marktdaten, demografische Daten und die richtige Verwendung dieser Daten.
Eine Tchibo-Filiale hat ein anderes Einzugsgebiet als IKEA. Der GIS-Analyst muss daher in der Lage sein, die Attribute in der geeigneten Granularität auszuwählen. Auch die Zielgruppen (Alter, Geschlecht, Anzahl der im Haushalt lebenden Personen) sind verschieden und müssen vom Kunden oder vom Analysten ausgewählt werden.
Möchte man diese Methoden in der universitären Lehre vermitteln, eignet sich zum Beispiel die ArcGIS Erweiterung MarktAnalyst des Esri Partners Nexiga. Neben detaillierten Geometrien werden auch soziodemografische Daten in verschiedenen Granularitätsstufen mitgeliefert. In diesem Blog haben wir bereits berichtet. Die Werkzeuge zur Standortplanung und zur Gebietsplanung sind einfach zu bedienen, und können innerhalb kurzer Zeit erlernt werden.
Neben den bewährten desktopbasierten Werkzeugen, bietet die ArcGIS Plattform auch Online Tools wie den Business Analyst Web, die einfach zu installieren sind. Die Online- Möglichkeiten stellen wir im zweiten Blogpost dieser Reihe vor.
Haben Sie bereits GIS-Projekte in der Lehre durchgeführt, die sich mit der Standort- und Expansionsplanung beschäftigen? Dann freuen wir uns auf Ihre Beispiele und Kommentare.
Vorschau:
Teil 3 „GIS in Vertrieb und Controlling“
Teil 4 „Big (Geospatial) Data und die Integration in Unternehmensanwendungen“