Für das Esri Research & Developer Center Zürich packt Raluca Nicola Geschichten in 3D-Web-Karten. Im Interview spricht sie darüber, wie sie ihre Leidenschaft für High-End-Visualisierungen zum Beruf gemacht hat.
Im Esri R&D Center-Zürich findet die Entwicklung der zentralen 3D-Webtechnologien von Esri statt: die ArcGIS API for JavaScript und ArcGIS Scene Viewer. Ein multidisziplinäres Team aus Software-Ingenieurinnen, UX-Designern und Architektinnen entwerfen und implementieren 3D-GIS-Webanwendungen auf Basis der JavaScript-API und der Cloud-Lösung ArcGIS Online. Raluca Nicola ist Product Engineer im Team ArcGIS API for JavaScript.
Im Esri Interview spricht Christian Sailer vom Higher Education Team mit Raluca darüber, wie ihr Arbeitsalltag aussieht, was ihre Motivation für den Beruf ist und welche Erfahrungen und Kompetenzen sie im Rahmen des Entwickelns und Bloggens wichtig sind.
Christian Sailer: Hallo Raluca, du bist aus Zürich zugeschaltet, aber nicht vom R&D Office, sondern noch immer von zuhause? Richtig?
Raluca Nicola: Hallo Christian, ja das ist richtig, wir sind seit fast einem Jahr im Home-Office.
C.S.: Raluca, wer bist du und als was arbeitest Du im Esri R&D?
R.N.: Ich habe Geografie in meiner Heimatstadt Bukarest studiert. Danach habe ich einen internationalen Master in Kartografie absolviert, eine Kollaboration zwischen der TU München, der TU Wien und der TU Dresden. Gleich nach dem Studium habe ich ein Jahr lang ein Praktikum im GIS Team beim Schweizerischem National Park gemacht. Das war ein guter Einstieg in die Arbeitswelt, ich habe viel mit GIS und Karten gearbeitet. Danach habe ich für zwei jahre am Institut für Kartografie und Geoinformation an der ETH Zürich gearbeitet. Jetzt bin ich Teil des Esri R&D Centers Zürich – und zwar als Product Engineer im ArcGIS API für JavaScript Team. ArcGIS API für JavaScript ist eine Software, die Entwickler benutzen, um Karten und allgemeine Geovisualisierungen zu erstellen.
C.S.: Das heisst, Du programmierst Esri Software, die GIS-Spezialisten täglich nutzen?
R.N.: Ich programmiere die Software per se nicht. Ich schreibe Code für Beispiele und Prototyp-Applikationen, die danach die Esri Benutzer weiter entwickeln und in ihre eigene Produktionsapplikationen einbauen können. Ich arbeite aber zusammen mit sehr talentierten Entwicklerinnen und Entwicklern, um die besten Features in die ArcGIS API für JavaScript einzubauen.
C.S.: Programmieren musst Du also schon können? Wo hast du das denn gelernt?
R.N: Die Basics des Programmierns habe ich in der Schule und auch an der Uni gelernt. Danach habe ich mir spezifische Web- und JavaScript-Technologien selber beigebracht. Wenn man in Web-Bereich arbeitet, muss man sich ständig auf dem neuesten Stand halten und sich selber viele Konzepte beibringen. Es gibt aber auch extrem viel Material online, also es ist nicht so schwer… ich weiss aber nicht was die Leute gemacht haben als es kein Internet gab.
C.S.: Wie sieht Dein Tag aus und was machst du genau? Worin habe ich dich gerade unterbrochen?
R.N.: Ich bin gerade daran, einen Web-Kartographie-Workshop vorzubereiten. Meine Arbeit ist generell ziemlich vielfältig: Ich unterstützte meine Kollegen beim Sammeln von Anforderungen für neue Features, ich teste die Features, wenn sie implementiert worden sind, ich schreibe API Dokumentationen gemeinsam mit den Entwicklern. Was ich außerdem gerne mache, ist 3D-Web-Demos zu erstellen und Blogposts darüber zu schreiben. Auf meiner Seite findet man einige Beispiele von solchen Demos.
Ich finde es spannend an solchen Demos zu arbeiten, weil 3D nicht so häufig benutzt wird und mit solchen Demos kann man zeigen, was eigentlich möglich ist. Ich glaube, die 3D-Demos sind deshalb erfolgreich, weil man sie im Geobereich eher selten sieht. Ich lasse mich gerne auch von traditioneller Kartographie und anderen Bereichen inspirieren: Daten Visualisierung, Design, Architektur, Spiele, Filme etc. Meiner Meinung nach entstehen die tolle Sachen , wenn man Ideen aus verschiedenen Bereichen geschickt kombiniert.
C.S.: Ich sehe gerade die Erdebenkarte auf deiner Webseite. Die habe ich auch schon im Geographieunterricht zum Thema Erdbeben eingesetzt. Das ist doch jene Webkarte, die vor einem Jahr viral ging im Netz? Wie kam es eigentlich dazu?
R.N.: Es war mehr ein Experiment von mir und als ich das gemacht habe, habe ich nur gedacht: ‘Ah, das ist eine interessante Visualisierung. Da kann man richtig gut sehen, wie Erdbeben in die Tiefe gehen. Vielleicht ist es auch interessant für die andere, ich poste es mal auf Twitter.’ Also das war gar nicht geplant.
C:S.: Ich persönlich denke, dass “GIS im Web” die Zukunft des GIS liet. Selbst Desktop-Spezialisten werden künftig vermehrt Daten im Netz bearbeiten, um Lösungen zu finden. Was denkst Du: Wo arbeitest Du in 10 oder 20 Jahren?
R.N.: ich hoffe, meine Begeisterung für Karten und Visualisierungen wird immer noch da sein. Dann werde ich in 10 bis 20 Jahren wahrscheinlich immer noch Daten visualisieren und versuchen, komplexe Ideen einfach und schön darzustellen. Wahrscheinlich wird das Web in 20 Jahren anders heissen und JavaScript wird nur ein uraltes Tool sein, aber ich glaube, die Prinzipien von Web-GIS bleiben gleich: zusammenarbeiten, einfach und schnell Ideen und Analysen mitteilen und dabei den anderen helfen, sich zu informieren und gute Entscheidungen zu treffen.
C.S.: Wenn du heute nochmals 15 wärst: Was wäre Dein Traumjob? Oder welche Richtung würde Dich auch noch interessieren?
Raluca: Damals hatte ich keine Ahnung, was ich später machen will. Wenn ich jetzt 15 wäre, würde ich wahrscheinlich viel mehr experimentieren, um herauszufinden, was mich begeistert. Es gibt eine riesige Vielfalt von Jobs und um die zu entdecken, muss man offen sein und alles mögliche ausprobieren. Und das gilt für die Schule, aber auch ausserhalb von der Schule. Falls dir Mathematik oder English nicht gefällt, versuche trotzdem die Basics zu verstehen. Ich brauche jetzt Englisch täglich und Mathe Konzepte tauchen ab und zu auf, wenn ich eine komplexere Demo schreibe. Als ich 19 war, habe ich eine Woche in einer Küche freiwillige Arbeit gemacht, um herauszufinden, ob ich Köchin sein will. Danach habe ich ein paar Tage in einer Autoreparatur mitgeholfen, weil ich dachte vielleicht wäre Automechanikerin etwas für mich. Nichts daovn wurde letztlich mein Job, aber die Erfahrung war wirklich toll und das Einzige was ich jetzt bereue, ist, dass ich es nicht früher gemacht habe, zum Beispiel mit 15 Jahren.
C.S.: Liebe Raluca, herzlichen Dank für die spannenden Einblicke in dein Joballtag. Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Spass beim Umsetzen von neuen Ideen und Entwickeln von Karten.
Tipp: Du möchtest mehr über Karrieremöglichkeiten mit GIS erfahren, hier findest Du weitere Beiträge der Serie #KarriereMitGIS