Eine Situation visualisieren, Auswirkungen aufzeigen, eine Plattform für die aktive Beteiligung an Diskussionen schaffen: Digital Twins, wie ein Environmental Twin, werden immer wichtiger. Und sie werden immer besser. Wir denken: Für das Handling von Digital Twins braucht es Profis von der Hochschule – aus mehreren Gründen.
Es liegt in der Natur der Sache: Wir von Esri befassen uns seit längerer Zeit mit Digital Twins und der Frage, warum GIS dabei eine wichtige Rolle spielt. Das Thema ist vielfältig und komplex. Das zeigt sich auch daran, dass Fachleute in Wirtschaft, Industrie sowie Forschung und Lehre ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was denn ein Digital Twin ist bzw. was er kann.
Was ist ein Digital Twin?
Wir von Esri beschreiben Digital Twins auf unserer Website so: „Digital Twins nehmen Daten auf, replizieren Prozesse und verhalten sich genauso, wie ihr reales Gegenstück – sie sind virtuelle Repräsentanten der realen Welt.“
Gerade im akademischen Umfeld greift diese Definition jedoch (noch) zu kurz. Denn ein Digital Twin ist aktuell noch eine Art Momentaufnahme. Bereits während der Erstellung eines zeitlichen und räumlichen Abbilds der realen Welt für die Durchführung von Analysen und die Visualisierung von Prozessen hat sich die Realität bereits wieder verändert. Deshalb sind Vorbehalte aus wissenschaftlicher Sicht verständlich.
„Digital Twins nehmen Daten auf und replizieren Prozesse; sie verhalten sich wie ihr reales Gegenstück.“
Allerdings ist klar, dass Digitale Zwillinge in Zukunft immer wichtiger werden – und zwar in allen Bereichen des Lebens. Das heißt auch, dass wir gemeinsam den jungen Erwachsenen das Thema näherbringen müssen. Oder anders gesagt: Es sollte in die Lehre integriert werden, denn aus dem Digitalen Zwilling mit Zeitverzögerung wird immer mehr ein echter, dynamischer Digital Twin.
Dafür sprechen mehrere Gründe:
1. Themen und Technologien der Zukunft kennenlernen
Studierende haben etwa vierzig Berufsjahre vor sich. Sie werden mit Technologien arbeiten, von denen wir heute bestenfalls eine vage Ahnung haben. Deshalb ist es wichtig, dass sie ein Verständnis für sich noch entwickelnde Technologien gewinnen. Auch wenn diese aus akademischer Sicht noch nicht perfekt sind, bieten sie Organisationen und Behörden bereits einen Mehrwert: große Mengen an exakten räumlichen und zeitlich aktuellen Daten verarbeiten, visualisieren und teilen.
Prognose: Dank der rasanten technologischen Entwicklung sind Echtzeit-Digital Twins bald Realität.
2. Mehr Satelliten- und Sensordaten sowie leistungsstärkere Hardware
Satelliten von ESA, NASA, Forschungszentren anderer Länder und privaten Organisationen beobachten die Welt genauer und in immer höherer Frequenz. Die Daten beschreiben vor allem Geosphäre und Ökosphäre. Daraus lassen sich Informationen von Gefahren- und Krisensituationen ableiten, z. B. in kürzester Zeit und mit hochaktuellen Daten erstellte Lagebilder. Drohnen liefern bereits heute hochpräzise Daten von ausgewählten Gebieten. Und laufend mehr stationäre Sensoren erfassen Daten, unter anderem zu Temperatur, Feinstaub, Niederschlag und Lärm.
Prognose: Verarbeiten leistungsstärkere Hardware – inklusive Cloud – und optimierte Algorithmen die immer größere Datenmenge, gleicht sich der Digital Twin immer mehr an die Realität an.
3. Immer komplexere Anforderungen an unseren Lebensraum
Der Raum wird knapper. Das führt zu Interessenskonflikten und Konkurrenzsituationen, z. B. zwischen Mensch und Natur: Wohnraum und Infrastruktur brauchen Platz – was wiederum den Lebensraum von Fauna und Flora tangiert. Zudem verändert sich die Landschaft rapide, auch aufgrund der sich wandelnden klimatischen Rahmenbedingungen. Städte und Kommunen müssen sich anpassen und Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel mit Blick auf Hitzetage und Dürresommer.
Prognose: Auf GIS basierende Digital Twins zeigen geografische Gegebenheiten noch genauer auf und erlauben so präzisere Vorhersagen.
4. Mehr Beteiligung der Bevölkerung
Wichtig sind bei Projekten auch immer die Kosten. Wird zum Beispiel ein öffentliches Vorhaben nicht umgesetzt, brauchen die Verantwortlichen Antworten auf Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. Sie müssen den Beschluss nachvollziehbar erläutern oder – noch besser – die Menschen aktiv am Entscheidungsprozess beteiligen. Durch mehr öffentlich verfügbare Fakten werden politische Diskussion und Information der Bevölkerung noch wichtiger.
Prognose: Immer dynamischere Digital Twins visualisieren auf Fakten basierende Szenarien, sie ermöglichen Prognosen, skizzieren Auswirkungen – und ermöglichen so rationale, nachhaltige und breit abgestützte Entscheidungen.
Digital Twins: Anwendungsbereiche
Ob Siedlungsentwicklung, Umwelt oder Infrastruktur: In der realen Welt sind sämtliche Themen eng miteinander verbunden. Deshalb teilt Esri Digital Twins thematisch ein. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von «Digital Connected Twins» – ganz im Sinne der interdisziplinären Verknüpfung.
Wir unterteilen die Digital Connected Twins in:
- Governmental Twin
- Urban Twin
- Infrastructure Twin
- Business Twin
- Environmental Twin
Erfordern es die Geschäftsprozesse, können natürlich die verschiedenen Twins miteinander verbunden werden und so interagieren. So kann z. B. in Planungsprozessen in einer Stadt der Urban Twin Daten und Informationen aus dem Infrastructure Twin und dem Environmental Twin vollumfänglich berücksichtigen.
Digital Connected Twins: zu den Definitionen
Interessant: In den nächsten Jahren sollen schätzungsweise drei bis fünf Milliarden Digital Twins entstehen, wie unser Geschäftsführer Jürgen Schomakers im Interview mit der Where Next Redaktion festhält. Er nimmt dabei Bezug auf eine Publikation des Analystenhauses Gartner und betont weiter, dass das Potenzial von GIS-Systemen in diesem Zusammenhang sehr groß sei.
Einsatz von Digital Twins in der Lehre
Digital Twins – und natürlich auch die Digital Connected Twins – kommen in allen Bereichen des Alltags zum Einsatz. Die Technologie macht große Fortschritte, Hard- und Software werden immer leistungsfähiger und exakter. Auch der Diskurs in der Bevölkerung entwickelt sich weiter. Deshalb macht die Integration der Thematik in die Hochschullehre Sinn.
Wir haben verschiedene Unterlagen und Hilfsmittel für euch zusammengestellt:
Um das Konzept selbst zu vermitteln, empfehlen wir das WHERENEXT Spezial: Digital Twin.
Hier gibt es:
- Grundlagen: Antworten auf die Frage, warum Digital Twins unverzichtbar sind.
- Best Practice: Zwölf Beispiele, die Anwendungen aus der Praxis zeigen.
- Tech Fokus: Warum ArcGIS das Rückgrat von Digitalen Zwillingen ist.
Modern GIS als Basis für Digital Twins
Eine Basis von Digital Twins ist GIS. Deshalb empfehlen wir, von Beginn an die Grundlagen zu schaffen. Wer die Werkzeuge eines modernen GIS kennt, kann sich später auf die Anwendungen konzentrieren.
Die Werkzeuge eines modernen GIS orientieren sich am GIS-Lifecycle.
Sie helfen in folgenden Bereichen:
- Erfassung & Integration: automatisierter Datenimport via Schnittstelle (inkl. Prozessierung)
- Monitoring & Visualisierung: Daten live überwachen
- Analyse & Vorhersage: Daten live auswerten und interpretieren, u.a. via Apps und unabhängig von Betriebssystemen
- Austausch & Zusammenarbeit: Informationen veröffentlichen und interagieren
«Modern GIS»: zu den Tutorials
Noch mehr Lesestoff:
- Think Tank: Failing Fast with a Digital Twin
- Vodafone Creates Country-Scale Digital Twins to Engineer Better Networks
- Urban Twin – Datenbasiert und bürgernah: Mit ArcGIS zur Stadt von morgen
Unser Wunsch: Austausch mit euch – Eure Meinung interessiert uns
Wie schätzt ihr das Thema Digital Connected Twins ein? Wie entwickelt es sich in den kommenden Jahren? Dieser Beitrag soll ein Einstieg sein ins Thema – und einen Stein ins Rollen bringen.
Diskutiert mit und schreibt uns: education@esri.de
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