Seit Anfang Oktober steht die Version 2012.1 der Esri CityEngine mit vielen neuen Funktionen allen Hochschulen mit Esri Campuslizenz zur Verfügung. Zu den Highlights gehören der Export von 3D-Szenen nach WebGL, der CityEngine Webviewer, Tools zum interaktiven 3D-Modellieren und Texturieren sowie eine massiv verbesserte Anbindung an ArcGIS. Hier geht’s zur Übersicht „What’s new in CityEngine 2012.1?“
Für alle, die von der CityEngine noch nichts gehört haben, einige Informationen zum Hintergrund.
Im Juli 2011 gab Esri Inc. auf der Internationalen Anwenderkonferenz in San Diego die Akquise der Schweizer Firma Procedural und der CityEngine-Technologie, bekannt. Procedural, im Jahr 2007 als Spin-off der ETH Zürich unter der Führung von Pascal Müller gegründet, entwickelte mit der CityEngine ein sehr schnell auf dem Markt erfolgreiches Produkt zum regelbasierten 3D-Modellieren. Die Software wird in den unterschiedlichsten Bereichen, von der Film- und Spieleindustrie über die Stadtplanung bis hin zur Architektur eingesetzt, um 3D-Content wie Gebäude, Gebäudekomplexe, Straßen oder ganze Städte dreidimensional zu modellieren. Zum Beispiel wurden Teile des 3D-Environments von Len Wiseman’s Remake von Total Recall und Pixar’s Cars 2 mit CityEngine modelliert. Das international tätige Architekturbüro Foster + Partners nutzte die Technologie u.a. für Masdar City, ein Projekt zum Bau einer CO2-neutralen Stadt in der Wüste Abu Dhabis.
CityEngine ist eine Standalone-Desktop-Anwendung und wird am Esri R&D Center Zürich (ehemals Procedural) weiter entwickelt. Darüber hinaus wird hier auch an der Integration des regelbasierten 3D-Modellierens in ArcGIS gearbeitet. Einen ersten Einblick gab es dazu auf der diesjährigen Anwenderkonferenz in San Diego.
Die CityEngine ist in zwei Ausbaustufen (Basic und Advanced) erhältlich und steht an Hochschulen in der Lizenzstufe Advanced als Teil des Campuslizenz-Programms zur Verfügung.
Die Anwendung hat zwei wesentliche Schwerpunkte. Zum einen können GIS-Daten existierender Gebäude und Straßen importiert und Regeln angewendet werden, um aus diesen 2D-Daten quasi auf Knopfdruck 3D-Darstellungen zu generieren. Zum anderen können die CityEngine-Regeln auch verwendet werden, um neue Gebäudekomplexe oder ganze Städte zu planen und dreidimensional zu visualisieren. Der Charme des regelbasierten 3D-Modellierens besteht neben der Schnelligkeit auch in der interaktiven Dynamik des 3D-Modells. Durch Änderungen einzelner Regelparameter können umgehend verschiedene Szenarien visualisiert, analysiert und verglichen werden.
Doch was ist unter regelbasiertem 3D-Modellieren zu verstehen? Mit der CityEngine-Regelsprache CGA (CGA steht für Computer Generated Architecture) wird beschrieben, wie ausgehend von einer 2D-Basis-Geometrie, z.B. einem Gebäudegrundriss oder Flurstück, die gewünschte dreidimensionale Darstellung erreicht wird. Verfügt die Basisgeometrie über entsprechende 3D-relevante Informationen, dann können diese als Regelattribut genutzt werden und fließen in die Modellierung ein.
Beispiel Dachmodellierung
Ein Shapefile enthält 20.000 Gebäudegrundrisse einer Stadt. In der Attribut-Tabelle finden sich Werte zur Trauf-und Firsthöhe, Dachformen, Stockwerkshöhe und Gebäudetyp für jedes der 20.000 Objekte. Es kommen 8 unterschiedliche Dachformen (Flach-, Sattel-, Pult-, Walm-, Zelt-, Bogen-, Mansarden- und Krüppelwalmdach) sowie 5 unterschiedliche Baustile (Modern, 60er Jahre, Gründerzeit, Fachwerk, Industrie) vor. In der Regel werden mittels CGA die Attribute, Konstanten, Funktionen und die Typen für Dach und Fassade definiert. Für jeden Typ werden in der Regel die Verzeichnisse der Texturen und Fassadenelemente (z.B. kleine 3D-Modelle als obj) referenziert. Über CASE-Anweisungen wird festgelegt, welcher Typ für welchen Attributwert verwendet wird, z.B. Attributwert “Sattel“ wird mit Typ “gableRoof“ modelliert. Um eine gewisse Variation in der 3D-Modellierung innerhalb eines bestimmten Baustiles zu erzielen, wendet man Zufallsfunktionen an. CityEngine-Regeln unterstützen die Modellierung verschiedener Detailstufen (LoD) bis hin zum Innenraummodell. Interaktiv kann so zwischen den veschiedenen 3D-Repräsentationen eines Gebäudemodells (LoD1-4) gewechselt werden. Der regelbasierte Ansatz ermöglicht es, in Abhängigkeit von der Rechnerausstattung große Mengen ähnlicher Objekte schnell und effektiv in 3D zu visualisieren.
Auf Basis von Regeln werden prozedural 3D-Stadtmodelle generiert |
Der Austausch zwischen CityEngine und ArcGIS verläuft über die File-Geodatabase oder das Shapefile. Der 3DCity Workflow beschreibt exemplarisch einen Arbeitsablauf mit CityEngine und ArcGIS und dokumentiert (inklusive Beispieldaten und -regeln sowie GP-Tools) typische Arbeitsschritte:
- 3DCity Preparation: 2D in 3D – Datenaufbereitung mit ArcGIS
- 3DCity Create: regelbasiertes 3D-Modellieren in CityEngine
- 3DCity Design: GeoDesign mit CityEngine
- 3DCity Maintenance: Interaktives 3D Editieren und Texturieren
- 3DCity Analysis: Export der 3D- Modelle nach ArcGIS, GIS-basierte Sichtbarkeits- und Schattenanalysen
- 3DCity Publish: Veröffentlichung von 3D-Szenen nach WebGL mit ArcGIS Online
Wer sich mit CityEngine und dem Entwickeln der Regeln in CGA befassen möchte, dem sei das CityEngine Resouce Center empfohlen. Hier stehen Beispieldaten und -Regeln für verschiedene Szenarien (New York 2259, Paris, Medieval City, Desert City … ) zum Download bereit. Insgesamt 15 CityEngine-Tutorials inklusive Daten, Regeln, Dokumentation und Videos sind ein weiterer guter Ausgangspunkt. Zum Thema “Developing with CityEngine“ finden sich interessante Informationen: Folien (PDF) und Video.
Weitere Ressourcen
30 Tage CityEngine 2012 Advanced kostenlos testen
Esri.com CityEngine Produktseiten
CityEngine 2012.1 –Funktionalitätsmatrix
CityEngine Resource Center
CityEngine WebViewer
– Dieser Beitrag wurde verfasst von Christina Röhr, Mitarbeiterin im Support bei Esri Deutschland. Veröffentlicht von Grischa Gundelsweiler, Education Manager.